Metal hoch 10
/ Angry Again – Glückwunsch, ihr feiert soeben euer 10-jähriges Band-Jubiläum. Erzählt uns doch, wie es damals losging.
Sandro: „Dominic und ich kennen uns schon ewig und wir machen auch schon lange zusammen Musik. Mit Simon kam ich nach dem Konzert seiner alten Band Destructiv Project in der Grabenhalle ins Gespräch. Vor der Halle beschlossen wir noch am selben Abend zusammen eine Band zu gründen.“ Die ersten Proben fanden bei Sandro’s Eltern im Keller statt und das erste Konzert bestritten wir zu Dritt, bis Nelson am Bass dazukam.
In der Zeit, als wir eigentlich einen Sänger suchen wollten, hat sich Simon aus Spass mal am Mikro versucht. „Als ich mir auf dem Nachhauseweg dann die ersten Aufnahmen aus dem Proberaum angehört habe, merkte ich, dass meine Gesangs-Leistung zwar noch ziemlich mies war, aber das sich daraus was machen lässt und hab mich anschliessend voll reingehängt.“ Unser Line-Up war dann bis kurz vor der Plattentaufe zu RAVAGE im letzen Jahr konstant. Unser Bassist stieg eine Woche davor wegen einer Meinungsverschiedenheit überraschend aus.
Wir hatten also keine Zeit zu verlieren und riefen Juwal an. Ihn kannten wir schon von seiner Band The Uprising die an dem Abend auch als Vorband auftraten. Er sprang zum Glück kurzfristig ein und hat das Zwei-Stunden Set mit den 17 Songs innerhalb weniger Tage einstudiert! Seit dem ist er fest bei uns dabei.
Am 8. Februar schmeisst ihr in der Grabenhalle die Jubiläumsparty mit eurem eigenen Metal-Fest Vol. 2. Was erwartet uns als Zuschauer, nebst eurem eigenen Gig?
Der Rechnung der Pyrotechnik zu folge, wird es auf jeden Fall heiss! Und es gibt natürlich eine geballte Ladung Metal! Wir haben für den Abend drei befreundete Bands mit ins Boot geholt, die das Vorprogramm bestreiten. Mit Shotgun aus Lichtenstein haben wir schon einige Shows gespielt und das sind super nette Jungs. Arcaine kennen wir auch von einem gemeinsamen Konzert. Oft ist es so, dass man sich unter den Bands einen Austauschgig in der jeweiligen Region anbietet. So läuft es auch bei Broken Fate, die sind so was wie unsere Brüder in der Metal-Szene. Mit ihnen verstehen wir uns super. Sie organisieren jeweils auch ein eigenes Festival, an dem wir letzten Herbst spielen konnten.
Früher haben wir oft einfach nächtelang im Proberaum durchgespielt und dabei kamen immer wieder geile Songs raus.
Euer aktuelles Album Ravage habt ihr im April 2019 veröffentlicht. Wo habt ihr es aufgenommen und wie verlief die Arbeit im Studio?
Aufgenommen haben wir es bei V.O. Pulver im Little Creek Studio in Gelterkinden bei Basel. Pulver ist Frontmann der Band GURD und spielt noch in diversen anderen Bands. Er ist in unserer Szene eine von zwei Anlaufstellen, bei denen Bands mit hartem Sound für Aufnahmen hingehen. Wir haben auch schon unsere zwei ersten Alben bei ihm eingespielt. Die Arbeit verläuft immer ähnlich. Wir sind zirka zwei ganze Wochen dort. Sandro spielt zuerst die ganzen Drum-Tracks ein. Danach kommen die Gitarren und der Gesang dazu und meist am Ende der Bass. Pulver mastert die Tracks meist schon während den Aufnahmen, das hat den Vorteil, dass man am Schluss der Aufnahmesession schon das fertige Produkt hat. Wir sind auf jeden Fall sehr zufrieden mit seiner Arbeit.
Ihr habt schon drei Alben veröffentlicht – das ist ein hoher Output! Wie verlaufen bei euch bandintern die Arbeiten? Wie geht ihr beim Songwriting vor? Wer ist für was verantwortlich?
Das stimmt, wir arbeiten hart und versuchen einen Zweijahres-Rhythmus hinzubekommen. Anfangs haben wir uns aber verhältnismässig viel Zeit gelassen, bis wir das erste Album Life is like a Melody rausbrachten. Beim Songwriting steht immer ein Gitarrenriff am Anfang, sei es von Simon oder von Dominic. Darüber jammen wir dann bei den Proben und feilen die Songs aus.
Früher haben wir oft einfach nächtelang im Proberaum durchgespielt und dabei kamen immer wieder geile Songs raus. Zum Glück haben wir immer alles aufgenommen, denn bei diesen Sessions floss auch immer viel Bier.
Die zwei Jahre vor der Veröffentlichung von RAVAGE hat uns ein Manager unterstützt. Nach einigen grösseren Konzerten und Touren, nahmen seine Versprechungen und sein Einsatz leider aber stetig ab. Heute machen wir das ganze Booking wieder selber. Die meisten Konzert-Anfragen kommen sowieso direkt bei uns rein.
Als euren Haupteinfluss nennt ihr Machine Head aus Oakland. Gibt es daneben noch andere Inspirationsquellen?
Eine Band, auf die wir uns alle einigen können, ist sicher noch Pantera. Dann sind da noch Kreator, Slayer und Lamb of God. Dominic: „Meine Gitarrensoli sind aber auch stark vom Blues beeinflusst – von Gary Moor oder Johnny Cash.“
Wenn wir gemeinsam im Bus von Gigs nach Hause fahren, hören wir uns eigentlich immer 90er Jahre Pop an. Das hat mal als Witz angefangen – hat aber so viel Spass gemacht, dass es zum festen Ritual wurde. Wenn man mit Metal zum Gig fährt und dann den ganzen Abend von anderen Bands Metal hört und selber spielt, braucht man irgendwann eine Abwechslung – einfach etwas komplett anderes.
Thirteen Commandments prangert das Handeln der Religionen und deren Anhängern an.
Dem neuen Song Thirteen Commandments habt ihr ein Video spendiert. Um was geht es in dem Track?
Der Text stammt noch von unserem ersten Bassisten. Da er English-Lehrer war, lag es immer nahe, dass er die Texte schreibt. Simon: „Ich arbeite jeweils, anfangs meist in einem Kauderwelsch, die Gesangslinien aus. Wenn ich ihm das anschliessend vorgespielt habe, hat er doch immer irgendwelche Wörter rausgehört und mit seinem Text kombiniert.“ Bei Thirteen Cammandments war 13 der Arbeitstitel. Der Song handelt von den religiösen Gebote und prangert, wie viele unserer Songs, das Handeln der Religionen und deren Anhängern an. Das haben wir optisch auch ins Video gepackt.
Wie beurteilt ihr die Metal-Szene und die Auftrittsmöglichkeiten für Metal Bands in der Ostschweiz?
Die Auftrittsmöglichkeiten sind sehr beschränkt. In der Stadt St.Gallen gibt es die Grabenhalle und das flon. Ansonsten, im Thurgau das Eisenwerk, Ölfleck und das Kaff. Um dem entgegenzuwirken, haben wir uns ja auch entschieden, dass Metal-Fest ein Mal jährlich durchzuführen. Zusätzlich wollen wir im flon bald ein Rock-Fest aufziehen. Dort treten wir dann nicht als Band, sondern als Veranstalter auf.
Natürlich gibt es in der grösseren Region einige geile Bands, aber eine echte Szene gibt es praktisch nicht mehr – irgendwie stirbt das aus und es ist sehr überschaubar geworden. Es ist halt auch ein gesellschaftliches Ding. Die Leute bezahlen für die grossen, internationalen Bands im Hallenstadion oder Letzigrund locker 100-200 Stutz für ein Ticket – oder sogar noch mehr, für ein lausiges Meet & Greet Angebot. Wenn wir aber hier für das Metal-Fest 20.- Franken für vier Bands! verlangen, empfinden das einige schon als zu viel. Das ist ein Teufelskreis. Wir müssen brutal schauen, dass wir mit dem Abend wenigstens kein Minus schreiben.
Das Problem geht weiter mit den CDs – heute kauft dir fast niemand mehr eine CD ab, wenn er sie ja schon für nichts auf Spotify streamen kann. Was viele nicht sehen ist, dass hinter dem Vorhang einer Band sehr viel passiert. Wir müssen in Equipment investieren, die Proberaum-Miete bezahlen, die Konzerte organisieren – Hallenmiete, Tech und die Gagen für die Vorbands.
Wo seht ihr Angry Again in weiteren 10 Jahren? Wo soll es mit eurer Band hingehen?
Das Ziel ist, dass die Band künftig aus finanzieller Hinsicht selbsttragend wird. Die Kosten für Proberaum, Alben-Produktionen, Shows und den Bandbus sollten gedeckt sind. Dann wollen wir sicher einige grössere Konzerte und Festivals im Ausland spielen.
Hier in der Region kennen uns unterdessen viele Leute und das wollen wir natürlich weiter nach Aussen tragen. Wobei es heute aber einfach auch sehr schwierig geworden ist, relevant zu bleiben. Wir hatten sehr viel Hoffnung in unser neustes Album und sind sehr stolz darauf. Leider kam dann nach der Plattentaufe auf das Album sehr wenig Feedback. Seit einigen Wochen geht es jetzt aber wieder aufwärts.
Die negative Erfahrung mit unserem Manager hat uns schon auch auf den Boden geholt. Das positive daran ist, dass wir das ganze nicht mehr so verbissen sehen. Dieses umsverrecken-wollen und es nicht-schaffen, zermürbt einem auf Dauer. Der Spass an der Sache soll wieder zentraler werden.
Angry Again
Simon Gehring – Gesang, Gitarre
Sandro Rüegg – Drums
Juwal Penner – Bass, Gesang
Dominic Arnold – Gitarre, Gesang
Alben: Life is like a Melody (2013), Divide and Conquer (2017), Ravage (2019)
http://www.angryagain.ch/